Leonope - Interview der Woche

Easy Tiger Error Page

Interview mit einer Mülltonne

leonope am 6. Juni 2007 · 6 Kommentare

Beim grossen „Aufräumen“ dieses Wochenende wurde leonope wieder klar, dass sich Unmengen von altem Kram angesammelt hatten, die keiner mehr wirklich brauchen konnte. Also lag nichts näher als die Sachen zum Müll zu bringen und sich von ihnen zu verabschieden. Dabei fiel leonope eine Mülltonne auf, die bis an den Rand vollgestopft war. Sofort wurden Papier und Kuli gezückt und diese Tonne interviewt.

leonope: Ja hallo, mehr stinken geht wohl nicht mehr, oder?

Mülltonne: Ja hallo. Bin ich ein Parfümladen oder ne Mülltonne? Was erwartest Du? Den Duft von Maiglöckchen?

leonope: Eigentlich nicht. Aber so bestialisch stinken muss ja auch wieder nicht sein.

Mülltonne: Du hast leicht reden. Hast Du eine Ahnung was man mir so alles in den Rachen wirft?

leonope: Nachdem zu urteilen was ich so sehe, wohl alles, oder?

Mülltonne: Bist ja ein ganz schlaues Köpfchen. Klar. Da schert sich kein Schwein drum ob das nun hier rein gehört oder nicht. Die schütten mir alles in die Fresse und sind wieder weg.

leonope: Wie hältst Du denn diesen Gestank nur aus? Und vor allem den „Geschmack“?

Mülltonne: Nun ja, solange man mir nur den normalen Müll reinschüttet geht es ja noch. Wenn sie aber dann kommen und den ganzen Brei von Grill- und sonstigen Essensresten reinwerfen, dann wir es ziemlich abartig in der Tonne.

leonope: Was meinst Du mit abartig?

Mülltonne: Keine Phantasie, ha? Stell dir vor es hat 30 Grad draussen und Du kriegst die Wampe mit diesem Dreck vollgestopft. Da gärt und dampft und arbeitet es und wenn der ganze Brei dann noch zu faulen anfängt wird es ganz arg. Da kannste schon mal die Besinnung verlieren.

leonope: So arg ist das? Naja, ich verlier sie ja schon fast hier. Und das obwohl ich nicht mal da drin bin. Ich glaube ich würde sterben.

Mülltonne: Ich wette du würdest es keine zwei Minuten aushalten. Kann mir richtig vorstellen wie du um Hilfe schreist und irre wirst wegen diesem Fliegenpack, das sich überall hier zu schaffen macht.

leonope: Also ich beneide dich da nicht um diesen Job. Muss echt deprimierend sein, wenn man alles „fressen“ muss.

Mülltonne: Ist es auch. Glaubst du etwa ich mach das freiwillig? Aber ich kann mich ja nicht wehren. Wenn sie mich wenigstens nach der Leerung ausspülen würden. Aber nein, nicht einmal das gesteht man mir zu.

leonope: Willst Du damit sagen, dass Du nicht mal ausgewaschen wirst? Einfach ausleeren, zurückstellen und wieder fertig zum „grossen Fressen“?

Mülltonne: Genau so ist es. Glaubst du die kümmern sich drum ob ich in diesem Gestank verrecke? Denen ist das doch egal. Ausserdem nehmen die absolut keine Rücksicht auf mich.

leonope: Was heisst keine Rücksicht nehmen?

Mülltonne: Na ja, die kommen einmal die Woche vorbei, schnappen mich an den Griffen und scheren sich den Teufel drum ob sie mit mir irgendwo gegen eine Wand knallen oder nicht. Rauf auf die Rampe, einmal kopfüber in diesen fahrenden Mülleimer kotzen und volle Kanne wieder auf die Strasse zurück. Da scheppert das Gehäuse und dann steh ich wieder eine Woche in meinem eigenen Dreck rum und warte, was man mir wieder alles in die Wampe füllt.

leonope: Was für ein Leben. Ich glaube ich werde mir in Zukunft besser überlegen was ich so in deine Freunde „reinwerfe“.

Mülltonne: Das wäre ein Anfang. Sollten mehr tun. Nicht immer alles nur nehmen und ohne Rücksicht auf Verluste einfach rein damit in die Kiste. Ich habe auch keinen Bock mehr immer wieder Glasscherben zu fressen und gleichzeitig den ganzen Matsch von den Typen im vierten Stock verdauen zu müssen.

leonope: Ich muss gestehen, dass ich das auch immer wieder mache und mir bis jetzt nicht überlegt habe, wie das wohl sein muss für dich und deine Kumpels.

Mülltonne: Naja, jetzt weisst du es ja. Und den Müll den du da grad abladen willst, kannst du dir gleich behalten oder in die Tante nebenan kippen. Ich geh ja schon über. Oder siehst du das auch nicht?

leonope: Ja klar, Macht der Gewohnheit. Reinstopfen solange es geht. Tschuldigung. Und danke für das Gespräch.

Mülltonne: Alles klar. Und jetzt schmeiss den Dreck schon rein da drüben und mach mir den Deckel zu. Sonst gibst hier noch Giftgasalarm. Mensch, ich stinke wie eine Mülltonne.

Lesezeichen Tags: Interview der Woche


bis jetzt 6 Antworten ↓

  • 1 Matthias am 6. Juni 2007 um 07:50

    *schnief*

    wie traurig…

    ….
    Spendenkonto 12345
    „Ein Herz für Mülltonnen“
    Weltbank
    ….

    den muss man doch helfen, das ist sicher kein Einzelfall

    🙁

  • 2 Johannes am 6. Juni 2007 um 08:45

    tolles interview!
    könntest auch mal mit einem briefkasten reden. die sind ja auch schon ganz verzweifelt…

  • 3 leonope am 6. Juni 2007 um 11:01

    @Matthias…ich geb dir dann gleich mal meine Kontonummer durch. Bin sozusagen die „Sammelstelle“ für Spenden aller Art 😉

    @Johannes…herzlich willkommen auf meinem Blog 🙂 Danke, Freut mich zu hören ! Nun, das mit dem Briefkasten ist gar nicht mal so schlecht. Die kommen ja auch ziemlich „dran“ 🙂

  • 4 Johannes am 6. Juni 2007 um 14:16

    heut werden briefkästen ja nur mehr beschimpft, angespuckt, geschlagen, gemobbt und belästigt!
    briefe gibt es ja (fast) keine mehr für sie.
    habe auch schon darüber geschrieben…
    http://blog.nedso.org/2007/04/13/postkastl-sterben/

  • 5 mcmarcdeluxe am 10. Juni 2007 um 09:57

    „Mülltonne: Genau so ist es. Glaubst du die kümmern sich drum ob ich in diesem Gestank verrecke? Denen ist das doch egal. Ausserdem nehmen die absolut keine Rücksicht auf mich.“

    So ist es.

  • 6 leonope am 10. Juni 2007 um 11:28

    @Johannes…das mit den Briefkästen ist nicht mal so unrichtig. Die haben auch kein lustiges „Leben“ 🙂

    @mcmarcdeluxe…genau 🙂

[zurück nach oben ⇑]

Schliessen
E-mail